Mit ihrem markanten Design war die V 200 zusammen mit den Triebwagen VT 11.5 des TEE das Gesicht der Bundesbahn in den 50er-Jahren. Anfangs zog sie den hochwertigen Reiseverkehr, wurde durch die zunehmende Elektrifizierung aber ins Abseits gedrängt. Zum Ende ihrer Dienstzeit wurde diese Baureihe im Norden zusammengezogen und auch im Nah- und Güterverkehr eingesetzt. Einsatzschwerpunkt in Schleswig-Holstein war Lübeck.
Es war aber auch eine Einzelgängerin unterwegs: die V 300 001.
1955 war die Bundesbahn mit einer V 200 in Jugoslawien auf Vorführreise. Die Jugoslawische Staatsbahn biss an und bestellte drei Lokomotiven. Allerdings war die Achslast der V 200 zu groß. Hersteller Krauss-Maffei entwickelte daher eine Variante mit 6 statt 4 Achsen, was die Achslast deutlich reduzierte. In Jugoslawien zogen die drei Lokomotiven vor allem den „Blauen Zug“, den Staatszug des Autokraten Tito.
Krauss-Maffei baute auf eigene Kosten eine vierte als Vorführlok. Die Erprobung in Österreich war sehr erfolgreich, in den Steilrampen am Semmering brillierte sie. Züge, die sonst mit drei Dampflokomotiven bespannt werden mussten, zog sie alleine, die planmäßigen Fahrzeiten konnten immer unterboten werden. Bei anschließenden Tests auf der Schwarzwaldbahn war man mit der enormen Zugkraft zufrieden, aber nicht mit der Höchstgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit wurde daher auf 140 km/h gesteigert. Die Lok bekam dafür zwei Maybach-Motoren mit je 1103 kW Leistung – knapp 300 kW mehr als bei der V 200.
Wegen der zunehmenden Elektrifizierung brauchte man so starke Diesellokomotiven aber nicht. Die Erkenntnisse flossen in die Entwicklung großer dieselhydraulischer Lokomotiven für den nordamerikanischen Markt. Diese sollten mehr als 4000 PS Leistung bekommen.
Unsere starke Einzelgängerin kam immerhin noch in den Plandienst. Die Bundesbahn kaufte sie 1964 und stellte sie als V 300 001 in den Dienst. Sie war und blieb die einzige sechsachsige Großdiesellok der Bundesbahn (das andere Unikat, die V 320, war nur gemietet). Ab 1968 führte sie die Nummer 230 001.
Am 07.08.1970 wurde sie in Altona stationiert und beförderte täglich Schnellzüge nach Westerland. Das Titelbild von R. Otto zeigt sie 1974 vor einem Schnellzug nach Westerland nach der Ausfahrt aus Wilster. Sie sah zum Schluss etwas anders aus, nachdem sie kurz vor der Abstellung noch zusätzlich Lüftungsgitter bekommen hatte. Man wollte den Maschinenraum besser lüften. Davor musste die Lok gelegentlich lange in Itzehoe stehen, wenn die Temperatur im Maschinenraum zu hoch war.
Der Fotograf erinnert sich auch noch an den überall haltenden E 533. Mit seinen bis zu 12, 13 Wagen passte er gerade noch an die Bahnsteige, in Wilster stieg man an der ersten und letzten Tür schon in den Schotter aus.
Am 26.08.1975 wurde sie bei der DB ausgemustert, verkauft und kam nach einem kurzen Intermezzo in Italien zurück noch Bayern um dort 1979 verschrottet zu werden.